Fiesheit contra Nietzsche

Ich höre, wenn ich Nietzsche ins Spiel bringe, seit vielen Jahren immer wieder die gleiche Leier.

“Jaja, und am Schluss ist er wahnsinnig geworden!”

Na und?

Was ändert das an seinen Aussagen, getroffen bevor er, wir wissen nicht, weshalb, sehr krank wurde?

Macht es einen Unterschied daran, ob es die Syphilis war oder sonst ein organisches Leiden oder ob er am Wahnsinne der Leute wahnsinnig wurde?

Der obige Satz ist schlicht und einfach eine Standardschutzbehauptung wider Nietzsches Geist und Werk.

Irgendwo aber, wenn kalkuliert, eine miese, fiese Nummer auch, gewählt, weil gegen diesen unseren Alten Fritz nicht so leicht anstinken ist.

Gegen einen, der nicht nur einmal in einem Satze das sagte, was andere in ganzen Büchern nicht sagen.

Unerhörte Wahrheiten aussprach.

Mit dem Zarathustra tausend Meilen über das hinausflog, was zuvor Poesie geheißen worden war.

Neinnein, Ihr Wahnsinnigkeitsselbstapologeten, da lacht der Fritz noch aus dem Jenseits.

Und die ihn lieben auf Erden tun ihre Heiterkeit gerne noch dazu.

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7 Antworten zu “Fiesheit contra Nietzsche”

  1. Dude sagt:

    “…oder ob er am Wahnsinne der Leute wahnsinnig wurde?”

    Einen gewaltigen Unterschied!

    Es grüsst herzlich ein anderer Kranker.

  2. Magnus Wolf Göller sagt:

    @ Dude

    Gut, Du hast mich erwischt. Du bist mir aber ein echter Profileser aber auch.

    Klar macht es von der Sache als solcher her einen Unterschied, weiß anhiero noch ein Kranker, aber eben doch nicht im Sinne der Beurteilung seines Werkes.

    Ein Satz ist ein Satz ist ein Satz, egal, ob er von einem nachher Durchgedrehten stammt oder einem schon Durchgedrehten oder einem, dem die meisten sein Durchgedrehtsein noch gar nicht ansehen wollen, oder einem, der nie durchdrehte, nicht durchdreht, und auch nie durchdrehen wird.

    Nur angedreht,

    Magnus

  3. Kristof sagt:

    Es macht einen Unterschied, ob der Wahn seit der Geburt oder infolge einer Syphilis bestand.
    Ausserdem spricht “Syphilis” – die Lustkrankheit – eindeutig für Nietzsche. ;)

  4. Dude sagt:

    @Magnus

    Hab ich mir doch auch genau die richtigen Mentoren ausgesucht, um mich eben dahingehend bestmöglichst zu kultivieren. :-)

    Stammen nicht die besten, tiefsinnigsten und genialsten Sätze von Durchgedrehten? Als weiteres Beispiel sei hier nur mal Sokrates dargereicht. :-)

  5. TanjaKrienen sagt:

    Nietzsches Lust ist nicht ganz bewiesen. Wohl hat sie ihn jedoch einmal übermannt, nachdem als er als Religionsstudent (!) in Bonn weilte, das Studium schmiss und sich ins pralle Leipziger Leben störzte. In Bonn hatte er noch alle Kräfte zusammengenommen um den Versuchungen in einem Bordell zu widerstehen, was sich bei ihm so liest: “Ich sah mich plötzlich umgeben von einem halben Dutzend Erscheinungen in Flitter, welche mich erwartungsvoll ansahen. Sprachlos stand ich eine Weile. Dann ging ich instinktmäßig auf ein Klavier als das einzige seelenhafte Wesen in der Gesellschaft los und schlug einige Akkorde an. Sie lösten meine Erstarrung und ich gewann das Freie.“ Doch dann erwischte ihn die Lust, ich meine die Lues.

  6. Magnus Wolf Göller sagt:

    @ TanlaKrienen

    Ich dachte immer, das mit der Syphilis respektive Lues Nietzsches sei nicht genau geklärt.

  7. TanjaKrienen sagt:

    Es scheint nach der Nietzscheforschung doch sehr wahrscheinlich. Das ist jedenfalls mein Kenntnissstand und ich habe dies in mein Nietzscheprogramm anno 2000 einfließen lassen.

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