Die Liste reicht von einem Bericht dahingehend, dass die Hälfte aller deutschen Kinder in irgendeiner Gaga-Behandlung seien, über die letzte Finanzdemenz, bis hin zu den graus-irrwitzigen Drohnenmordanschlägen durch den US-Präsidenten: Allein, ich hatte die letzten Tage keine Lust, solcherlei Themen zu bearbeiten.
Was nicht heißt, dass ich das nicht nicht noch tun werde.
Heute, an “Fronleichnam”, werde ich aber erst recht keine keine Leichnehmer abhandeln.
Heute freue ich mich einfach über meine Buben, meinen neuen Balkon, darüber, dass ich beim Schreiben immer noch eine rauchen kann und ein Bier dazu trinken, oder eher umgekehrt, ohne schon halb tot vom Stuhle zu fallen, über das herrliche Bild über meinem Schreibtisch, über mein Glück, nach mannigfachen Verletzungen immer noch nicht, besser wiederum nicht, irgend wesentlich behindert zu sein, außer, natürlich, vielleicht, im Kopfe.
Ich freue mich auch darüber, dass man mich inzwischen, selbst wenn der Quijote zuvor kein Thema war, vielenthalben als einen bezeichnet, der gegen Windmühlen kämpfte: denn das ist für mich eine der höchstmöglichen Auszeichnungen.
Ja, ich freue mich darüber, wenn ich also oder anders zu meiner Lächerlichkeit komme, denn ich lache mit.
Ich freue mich über jeden Hemmschuh, den man mir anzuziehen trachtet, jede Falle, jedes Fangeisen, da all diese doch nur bedeuten können, dass da noch ein wenigstens in den Augen des Ansetzenden recht vitales Tier zu hemmen, einzulocken, in Bande zu schlagen sei.
Ich freue mich sogar über den Rotz in und aus meiner Nase. Denn er sagt mir, dass sie noch rotzt, also erfreulich intakt ist.
Und ich freue mich über meine geistige Verwandlung, alswelche nicht jene eines Gregor Samsa ist.
Darüber, dass ich in den letzten Jahren zwar manchmal ein Langschläfer war, darüber aber nicht zum Käfer ward.
Ich erfreue mich meiner Fensterbrettkräuter: Rosmarin, Oregano, Dill, Basilikum, Salbei, Thymian, Peterling, Schnittlauch – alles wächst gut.
Ich freue mich meiner Freunde, der alten, wie der neu- oder erst halbgewonnenen.
Ich freue mich über die schier unglaublich abgegriffene Zarathustra-Ausgabe, die auf meinem Schreibtisch zwischen Klassik-CDs und einer Allerleibüchse thront; darüber, wie sie wundersamerweise nie verloren ging, immer wieder auftauchte, da ich sie schon endverschwunden wähnte, dass sie mir nachlief, immer meiner harrte, alswie der treueste Hund es nicht vermöchte.
Vor allem aber freue ich mich darüber, dass mich nie jemand wirklich von meinem Wege abzubringen vermochte; denn: “Den Weg, Den giebt es nicht!”
Heute – ein bisschen lachende Bosheit gehört dazu, unter Rosenhängen und Lilienhecken – freue ich mich gar Goethes und der kriecherischen Scheinpatrioten: denn selbst die gehören zu jenem mitunter höchstbegabten Abgeist, der mir notwendiger Gegenstand.
Ich freue mich auch meiner zahlreicher werdenden grauen Brusthaare (die haben noch einiges zu tun, bis dass sie die demokratische Mehrheit erreichen, haben aber schon den Rang einer nicht mehr übersehbaren Splittersprießerpartei erlangt), denn die sagen mir, dass meine Weisheit sich bis hinab in die unteren Chakren aufzumachen anschickt.
Und: Ich habe gerade keine körperlichen Schmerzen. Jedenfalls (naja der rechte Arm hie und da, aber vergleichsweis milde, und wenn, dann sind es Heilschmerzen) keine, die mir einen Stein im Wege wären.
Und ich freue mich dessen, zu wissen, dass der Weg nicht das Ziel ist. Dass ich Geschwätz von Sinnigem zu scheiden vermag. Jedenfalls im Wesentlichen.
Ich freue mich auch dessen, dass mein Rechner, der sich vorher mal wieder aufgehängt, ein verlässlicher Untoter ist.
Jetzt freue ich mich darüber, dass ich Mittagessen machen soll.
Denn das zeigt mir darüberhinaus, dass ich auch noch zu etwas nütze bin.
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