Nietzsches Metrik

Gestern Nachmittag las ich ein wenig in Nietzsches Zarathustra herum, und wieder fiel mir die einzigartige sprachliche Rhythmik auf, die einen da umfängt.

Sicher: Hier herrscht kein einfaches, klassisches Silben-, Hebungs- und Senkungsschema; doch ich bin davon überzeugt, dass hier wiederkehrende, gleichwohl komplexe Zahlenverhältnisse, gerade was die Verteilung stark- und schwachtoniger Silben anlangt, vorliegen.

Wer etwas vom Programmieren versteht und Interesse an der Materie hat, den lade ich hiermit ernstlich ein, sich zwecks gemeinsamer Forschung in diese Richtung bei mir zu melden.

Während klassische italienische Renaissancedichter, Dante, Petrarca, Boccaccio – letzterer im Dekameron sogar in Prosa – , wie Wilhelm Pötters zeigen konnte, ihre großen Werke numerologisch bis ins Kleinste aufbauten – u. a. als Näherung an die Zahl pi – , das Runenhorn von Gallehus, wie Heinz Klingenberg entdeckte, eine solche an den Goldenen Schnitt barg, wird man in diesem Falle kaum erwarten dürfen, dass Nietzsche rechnete und zählte: die bei ihm vorkommenden Zahlenverhältnisse sprangen aus dem Geiste der Poesie ins Hier.

Daher könnten sie nicht nur literaturtheoretisch noch interessanter sein, sondern, ich meine das ernst, auch im mathematischen und naturwissenschaftlichen Sinne. Hier könnten z. B. Muster zu finden sein, die das Verhältnis der fünf Grundkräfte abbilden, Dimensionen, die weit über die obengenannten, Gebildeten seit Jahrtausenden bekannten Gesetze hinausweisen.

Wenn Sie jetzt meinen, dass ich spinne, so haben Sie vielleicht recht; recht geben werde ich Ihnen aber erst, wenn Sie mir bewiesen haben, dass meine Vermutungen auf nichts denn also schwärmerischem wie haltlosem geistigem Treibsand gegründet waren.

Jedenfalls hat Nietzsche im Zarathustra eine durchgängig kohärente klangliche Sphäre eröffnet und gezeigt, das Ganze mit Inhalt allemal, dass ich meine These schlicht für logisch halte und ein ernstliches Widerraten ohne gründliche Untersuchung für dessen Gegenteil.

“Wo alles Sein ins Wort springt” – so benannte der Meister die Rede des Zarathustra.

Als Vergleich kann ich hier lediglich die Werke Johann Sebastian Bachs heranziehen.

Die Weise, dass nicht nur alle Wissenschaften die Kunst beflügeln sollen, wie von Cervantes unübertroffen ausgedrückt, als die schönsten und edelsten Jungfrauen des Landes, die Prinzessin, die Poesie, kleidend und schmückend, wird eine Gebende und eine Nehmende sein: Die Prinzessin unterrichtet ihre Zofen gerne darin, wie sie dereinst den besten Gemahl zu finden sich entwickeln.

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